Leonore Gewessler: "Da schaue ich nicht länger zu"

Leonore Gewessler: "Da schaue ich nicht länger zu"
Klimaministerin im Interview über Pendlerpauschale, Atomenergie, Ausstieg aus fossiler Energie und das überraschende Ergebnis der COP 28.

Diese Woche ist die 28. Klimakonferenz zu Ende gegangen. Für die EU verhandelte auch Österreichs Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne).

KURIER: Was wurde auf dieser Klimakonferenz eigentlich beschlossen?

Leonore Gewessler: Die UNO-Staaten haben ein Bündel an Maßnahmen beschlossen, aber der zentrale, große Schritt ist: Die Welt geht weg von den fossilen Brennstoffen. So unglaublich das klingt: Es war das erste Mal nach 30 Jahren Klimakonferenzen, dass das schriftlich festgehalten wurde, dass sich das Klima wegen der fossilen Emissionen aufheizt und wir deswegen weg von diesen Energieträgern müssen.

Was heißt das, die Welt geht weg von den fossilen Energieträgern bis 2050?

Es geht um ein Weggehen von den Fossilen im Einklang mit der Wissenschaft, um bis 2050 klimaneutral zu sein. Das sind die drei Bausteine im Abschlussdokument, die zusammen ein wichtiges Signal sind an die Fossilwirtschaft, dass deren Geschäft ein Auslaufmodell ist. 

COP28 Climate Change Conference in Dubai

COP28-Präsident Al Jaber

Ein Signal an die Finanzmärkte, in die Zukunft, und nicht in die Vergangenheit zu investieren, weil das Investitionen sind, auf denen sie sonst sitzen bleiben. Und es ist ein Signal gerade in politisch so schwierigen Zeiten an die vielen Menschen auf diesem Globus, dass Klimakonferenzen handlungsfähig sind und Weichen stellen.

Also geht es darum, wer die Transformation zu einem erneuerbaren Energiesystem am klügsten und schnellsten schafft. Doch es gibt keinen Sektor beim Erneuerbaren-Ausbau in Österreich, der nicht über Probleme klagt.

Wir müssen ein fast 200 Jahre gewachsenes, fossiles Energiesystem umbauen – das benötigt eine ganz neue Infrastruktur. Ein großer Teil meines Jobs besteht darin, Hürden aus dem Weg zu räumen. Nur haben wir eine geteilte Zuständigkeit, da haben auch die Bundesländer und die Gemeinden eine Verantwortung, dass alle in die gleiche Richtung gehen. 

Windrad von Vestas vor anderen Windkraftanlagen eines Windparks

Vestas-Windkraftanlagen stehen v. a. an Land, zunehmend aber auch am Meer (Offshore)

Andere Staaten haben gute Projekte, etwa Photovoltaik-Pflicht auf Parkplätzen, das wäre etwas, was die Länder gut umsetzen könnten. Ich sage aber auch, es kann nicht sein, dass es 2023 noch Länder gibt, in denen kein einziges Windrad steht. Wir haben in allen Bundesländern ein Windkraftpotenzial, und wir brauchen Windkraft, gerade im Winter, wo PV (Photovoltaik) und Wasser weniger Strom produzieren.

In Oberösterreich dürfen vorerst nicht einmal neue PV-Anlagen auf Hausdächern ans Stromnetz angeschlossen werden.

Dass die Landespolitik dort mit ihrem Landesnetzbetreiber versäumt hat, einen entsprechenden Netzplan zu erstellen und wir jetzt vor dieser Situation stehen, dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis. Das ist in der Kompetenz der Bundesländer. Da schaue ich nicht länger zu. Deswegen arbeiten wir an einem Elektrizitätswirtschaftsgesetz, das auch die Verteilnetzbetreiber in die Pflicht nehmen wird, besser und vorausschauender zu planen. Die Menschen bauen und helfen mit Begeisterung und einem Rekord-Engagement, die Photovoltaik auszubauen. Wir sind alle gemeinsam dafür da, der Energiewende zu helfen und nicht sie zu blockieren.

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